Wasser und Luft – sonst nichts

Schnee aus der Maschine ist richtiger Schnee. Nichts daran ist künstlich. Schneekristalle – wie auch immer sie produziert werden – sind einfach winzig kleine Kristalle gefrorenen Wassers.

Am Wurmberg sorgen insgesamt 97 Schneilanzen für Schneesicherheit auf 16,3 Hektar Skipisten. Für’s Schneemachen wird Wasser aus dem 45.000 m³ fassenden Speichersee auf dem Wurmberg in die Düsen am Kopf der Lanzen gepumpt, wo es mit Druckluft kollidiert. Die Druckluft, die in einer zentralen Kompressorstation am Speicherteich erzeugt wird, zerstäubt den Wasserstrom in winzige Partikel und schießt ihn in die Atmosphäre. Ab hier ist der Prozess der technischen Schneeerzeugung identisch mit dem der Natur: Ist die Luft kalt genug, gefrieren die Wassertröpfchen und fallen zu Boden. Der Unterschied ist, dass das Wasser nicht so viel Zeit zum Gefrieren hat, bevor es auf den Boden trifft.

Was lässt Wasser gefrieren? Kleiner Grundkurs in der Physik des Schnees

Für Physiker gibt es so etwas wie Kälte gar nicht. Es gibt nur Hitze - mehr Hitze oder weniger. Hitze versucht immer ein Gleichgewicht zu erreichen, also fließt sie von einem Gebiet mit mehr Hitze (“wärmer”) zu einem mit weniger Hitze (“kälter”). Wenn flüssiges Wasser gefriert, gibt das Wasser seine Hitze ab, bis es den Punkt erreicht an dem es kristallisiert. Wir nehmen normalerweise an, dass dies genau bei 0°C geschieht, aber dazu später mehr. Wenn wir aus dem Fenster auf unser Thermometer schauen, sehen wir, was die Meteorologen als Trockenkugeltemperatur bezeichnen. Das gibt uns zwar einen Anhaltspunkt, wie wir uns anzuziehen haben, aber hinsichtlich der Physik gefrierender Wassertropfen vermittelt es nur die halbe Wahrheit. Die relative Luftfeuchte beeinflusst nämlich ebenfalls, wie schnell ein Wassertropfen seine Hitze abgeben kann und “kalt” wird.

Die Art wie der menschliche Körper auf Hitze reagiert veranschaulicht dies: Einen Tag mit 27°C und 95% Luftfeuchte empfindet man als heiß. Das liegt daran, dass unsere Körper durch Schwitzen gekühlt werden – indem sie Feuchtigkeit in die Atmosphäre abgeben. An einem feuchten Tag kann die Luft nicht so viel weitere Feuchtigkeit absorbieren, unsere Körper können ihre Hitze also nicht so schnell loswerden wie an einem Tag mit 32°C aber nur 20% Luftfeuchtigkeit. Das ist der Grund warum wir uns kühler fühlen an einem “wärmeren” Tag. Wenn Leute sagen “es ist nicht die Hitze, es ist die Feuchtigkeit” dann haben sie Recht.

Die Geschwindigkeit mit der ein Wassertropfen Hitze in die Atmosphäre entlassen und damit zu Schnee werden kann, wird von der relativen Feuchte in genau derselben Weise beeinflusst. Daher interessiert beim Schneemachen auch die Luftfeuchtigkeit. Ist die Luftfeuchtigkeit extrem niedrig, kann auch bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt Schnee erzeugt werden. Bei hoher Luftfeuchtigkeit benötigt man niedrigere Temperaturen, aber selbst bei 100% Luftfeuchtigkeit kann man bereits bei -2°C mit dem Schneemachen beginnen.

Schneeflocken bilden sich in den Wolken aber nur, wenn dort ein Gefrierkern (Nukleator) vorhanden ist, z.B. ein Staubpartikel, an dem die Phasenumwandlung vom flüssigen in den festen Zustand beginnen kann. Jede Art Gefrierkern hat eine bestimmte Gefriertemperatur. Die höchste Gefriertemperatur hat Eis selbst, nämlich 0°C. Erst wenn man bereits einen kleinen Eiskern im Wassertropfen hat, gefriert dieser also bei 0°C.

Die technische Schneeerzeugung nutzt daher Eiskerne als Nukleatoren. Wo aber kommen die her? Um den Prozess zu verstehen, muss man sich lediglich an eine Luftpumpe vorstellen, mit der man einen Fahrradreifen aufpumpt. Beim Pumpen wird diese warm, als Folge der Komprimierung der Luft in der Pumpe. Beim Beschneien findet der umgekehrte Vorgang statt: unter hohem Druck stehende Luft tritt aus einer Düse aus und expandiert. Durch diese Expansion kühlt sie extrem ab – wie eine Gasflasche, mit der man ein Feuerzeug nachfüllt. In diesen Strom extrem kalter Luft werden durch die sogenannten Nukleatordüsen kleine Wassertropfen geleitet, die sofort zu Eis gefrieren und dann als Gefrierkerne für die Wassertropfen aus den übrigen Düsen des Schneeerzeugers dienen.

Ideale Wassertemperatur am Wurmberg dank Speichersee

Nachdem das Wasser aus dem Schneeerzeuger austritt, hat die umgebende Luft nur wenige Sekunden Zeit, es zu gefrieren. Je kälter also das Wasser, desto weniger Zeit braucht es zum Gefrieren. Damit hängt die Möglichkeit der Beschneiung auch von der Temperatur des verwendeten Wassers ab. Je kühler das verwendete Wasser, desto weniger Minusgrade werden zum Schneien benötigt. Eine Feuchtkugeltemperatur von etwa minus 2°C gilt als Grenztemperatur für die Beschneiung, vorausgesetzt, die Wassertemperatur beträgt nicht mehr als 2°C. Das wird am Wurmberg gewährleistet sein, da das Wasser hier aus einem offenen Speichersee am Wurmberggipfel kommt.

Temperaturen am Wurmberg bestens für die Beschneiung geeignet

Da die Talstationen am Wurmberg so hoch liegen, wie in anderen Skigebieten die Bergstationen, sind auch die Lufttemperaturen (und mit ihnen die Feuchtkugeltemperaturen) wesentlich niedriger und daher besser für die technische Beschneiung geeignet. Die erforderlichen minus 2°C herrschten in den Wintern 2004/05 bis 2007/08 durchschnittlich während 1.559 Stunden, obwohl diese gegenüber dem langjährigen Mittel um 1,1° zu warm waren. Seither wurden sogar wieder kältere Winter mit noch mehr potenziellen Schneistunden registriert. Für die Einschneiung der Pisten werden aber nur 72 Stunden benötigt.

Das Geheimnis erfolgreicher Beschneiung: ausreichend Wasser!

Ob in dieser Zeit ausreichend Schnee produziert werden kann, hängt von der zur Verfügung stehenden Wassermenge ab. Das Verhältnis von Wasser und Schnee liegt bei 1:2,4. Das bedeutet, dass im Mittel aus 1000 Liter Wasser 2,4 m³ Schnee erzeugt werden. Die Beschneiungsanlage am Wurmberg hat eine Kapazität von 140 Liter Wasser pro Sekunde bzw. 504 m³ pro Stunde. Beschneit werden damit Pisten mit einer Fläche von 16,3 Hektar. Für eine Schneedecke von 45 cm Höhe sind also 73.350 m³ Schnee erforderlich. Dazu benötigt man 36.675 m³ Wasser. Die können binnen 72 Stunden zu den Schneeerzeugern gepumpt werden. Zur Verfügung standen in den letzten Jahren durchschnittlich über 1.500 Stunden und sogar im bislang mildesten Winter aller Zeiten (2006/07) waren es noch über 700 Stunden. Mit der geplanten Anlage ist der Wurmberg also sowohl gegen einzelne sehr milde Winter als auch gegen die für die nächsten 50 Jahre erwartete allgemeine Klimaerwärmung gewappnet.

Geschlossener Kreislauf sorgt für minimalen Wasserverbrauch

Am Wurmberg ist sichergestellt, dass die erforderliche Wassermenge auch jederzeit zur Verfügung steht: das Reservoir am Gipfel fasst 42.000 m³ nutzbarer Wassermenge. Befüllt wird das Reservoir mit Wasser aus der Bode. Das entnommene Wasser fließt im Frühjahr nach der Schneeschmelze wieder in die Bode zurück. Es wird also nicht „verbraucht“ sondern nur vorübergehend in Form von Schnee auf dem Berg zurückgehalten – ähnlich wie das Wasser vieler Harzer Bäche in den Teichen des Harzer Wasserregals. Nur ein geringer Prozentsatz geht bei der Schneeerzeugung durch Verdunstung und Drift im eigentlichen Sinne verloren.

Der tatsächliche Wasserverbrauch ist also marginal und auch die Menge des vorübergehend genutzten Wassers ist gering, setzt man sie zum Wasserangebot am Wurmberg in Beziehung. Auf dem Wurmberg fallen pro Jahr mehr als 1.500 Liter Niederschlag auf den Quadratmeter. Das bedeutet, dass für die Grundbeschneiung nur 15% des Wassers eingesetzt wird, dass auf der Fläche der technisch beschneiten Pisten selbst als Regen, Graupel oder Schnee vom Himmel kommt. Insgesamt fällt im Einzugsgebiet der Bode jährlich die 150-fache Menge dessen an Niederschlag, was pro Jahr für die Beschneiung an Wasser verwendet wird.

Ein Stoff mit besonderen Eigenschaften

Technischer Schnee ist für den modernen Wintersportbetrieb besser geeignet, als Naturschnee. Er ist verlässlicher (und verlässlicher Schnee ist die wichtigste Voraussetzung für den wirtschaftlich auskömmlichen Betrieb eines Skigebietes), leichter zu bearbeiten als so manche natürliche Schneeart, er hält den Beanspruchungen durch die Stahlkanten der Ski und Snowboards besser stand, neigt weniger zum Vereisen und er taut langsamer.

Letzteres hat mit seiner Dichte zu tun. Ein Kubikmeter technischer Schnee wiegt bis zu 480 kg, bei frischem Pulverschnee sind es nur 10 bis 60 kg, Pappschnee kommt auf maximal 150 kg. Die höhere Dichte hat mit der Struktur der Kristalle zu tun. Die Schneesterne in einer Pulverschneedecke halten sich gegenseitig auf Abstand, während die kompakten Körner einer technisch erzeugten Schneedecke dicht an dicht liegen. Je größer aber das Verhältnis zwischen Oberfläche und Volumen eines Körpers, desto stärker ist er Einflüssen wie Regen, Wind und Wärme ausgesetzt. Pulverschnee sackt dann schnell in sich zusammen, erst nasser, gesetzter Altschnee erreicht das spezifische Gewicht von technischem Schnee.

Eine Schneedecke von 40 cm technisch erzeugtem Schnee entspricht daher einer natürlichen Neuschneehöhe von 100 bis 200 cm und eine solche Schneemenge taut im Harz auch bei ungünstiger Witterung nicht so schnell komplett ab.

Energieeffiziente Beschneiungstechnik reduziert Stromverbrauch

Die Produktion technischen Schnees benötigt Energie. Zum einen muss das Wasser mit einem Druck von mindestens 20 bar zu den Schneeerzeugern gepumpt werden, zum anderen ist Druckluft erforderlich. Pumpen und Kompressoren werden mit Strom betrieben. Die Anlage am Wurmberg ist auf eine durchschnittliche Leistungsaufnahme von 1.000 kW ausgelegt und der Betrieb ist an durchschnittlich 200 Stunden pro Winter vorgesehen. Das macht in Summe 200.000 Kilowattstunden, die pro Saison für die Beschneiung erforderlich sind.

Ein Vergleich mit dem Verbrauch anderer Freizeit- und Tourismusinfrastrukturen zeigt, dass mit einem sehr geringen Einsatz an Energie eine große Wirkung erzielt wird. Zumal die regionale Wertschöpfung pro Besucher in einem Skigebiet sehr hoch ist und der Betrieb der Anlage nicht öffentlich bezuschusst wird.

Angebot Energiebedarf Besucherzahl Energie/Besuch
Schneeanlage Wurmberg 200.000 kWh 100.000 (Plan) 2,0 kWh
Öffentliche Sauna 350.000 kWh 20.000 17,5 kWh
3***-Hotel mit 50 Betten 650.000 kWh 8.200 (Übernachtungen) 79,0 kWh*
Eisstadion 6 Monate 1.300.000 kWh 30.000 43,3 kWh
Freizeitbad 11.500.000 kWh 400.000 28,8 kWh

* pro Nächtigung